Zur Geschichte des Bridgespiels
von H. J. P. Hauff

Ende des 14. Jahrhunderts löste das Kartenspiel die bis dahin geläufigen Formen des Glückspielens, vor allem das Würfelspiel ab. Die neue Art des Spielens bezog seinen unwiderstehlichen Reiz aus dem unterschiedlichen Kenntnisstand der Spieler, denn diesen sollten ja nur die eigenen Karten bekannt sein. Ein grundlegendes Merkmal des Kartenspiels wurde die hierarchische Ordnung in mehreren Farben. Im Laufe der Zeit wurde dann das Bedienen einer Farbe aus dem Orient übernommen, der “Trumpf” war eine italienische Innovation und das Bieten eine europäische Erfindung.

Der versierte Bridgespieler erkennt hier bereits die Basis des heutigen Bridgespiels, das sich aus dem Whistspiel des 16. Jahrhunderts entwickelt hat. Whist, dessen Regeln schließlich 1742 von Edmond Hoyle codifiziert wurden, war über drei Jahrhunderte eine außerordentlich populäre Unterhaltung. Um 1880 entwickelte sich das ursprüngliche Spiel weiter in der Form des Bridge-Whist, indem die Elemente des Alleinspiels mit Dummy, die Festlegung einer Trumpffarbe durch den Teiler sowie das Kontrageben eingeführt wurden.

Bridge-Whist lebte nur kurz, denn um 1904 wurde das“Auktions”- Prinzip, der Wettbewerb mittels des besten Gebots eingeführt, und zwar durch die in Indien tätigen Briten. Das Ergebnis wurde “auction”-Bridge genannt. Die nächste große Erweiterung des Spieles fand in Frankreich mit der Spielversion “Plafonde” statt. 1925 verband “Yachtsman” Harold S. Vanderbilt die Haupteigenschaften von Plafonde (Ergebnis nur in Abhängigkeit vom Gebot) mit den Grundlagen des Auktionsbridge. Er erhöhte die Werte für Prämien und Strafen und band diese in ein Dezimalsystem für die einfachere Berechnung des Scores ein. Auf diese Weise schuf er das moderne Spiel des Kontraktbridge. Auf einer zehntätigen Kreuz fahrt von Kalifornien nach Havanna testete Vanderbilt sein neues Spiel zusammen mit drei Freunden; hierbei erfolgten Feinabstimmungen der Festlegungen. Innerhalb von zwei Jahren nach dieser Kreuzfahrt machte diese Form des Spiels seinen Weg in der gesamten Welt und ersetzte die ältere “Auktions”-Version.

Es entstanden nationale und internationale Bridgeverbände. Die ersten Turnierbridgeregeln wurden 1928 veröffentlicht, denn Bridge wurde nicht nur im kleinen privaten Kreis gespielt, sondern auch im Wettbewerb unter vielen Paaren. Bis 1975 gab es eine Reihe von Revisionen, aber seitdem sind die Regeln im wesentlichen unverändert. Das Interesse der Bridgespieler richtete sich nunmehr auf die zwei Fragen: Wie spiele ich die Hand besser ab und wie komme ich am besten zu einem erfolgreichen Kontrakt.

Grundlage für ein erfolgreiches Bieten ist die Bewertung der eigenen Karten. Frühere Zählmethoden waren z. B. 75321 (Robertson), oder 64321 (Reith), diese setzten sich nicht durch. Seit den 50-60er Jahren wurde die 4-3-2-1 Zählmethode für Figurenpunkte, von Charles Goren promoviert, allgemein angewandt, obwohl diese Methode bereits 1915 oder früher bekannt war. William Anderson entwickelte 1948 die Berechnung von Verteilungspunkten (1=double; 2=single; 3=chicane). Dieses wurde von Goren leicht modifiziert übernommen. Erst später wurde die Loser-Bewertung gefunden, die Figurenstärke mit Verteilungsstärke verbindet.

Auch die Frage, ob man 4 oder 5 Karten in der Oberfarbe eröffnet, geht weit in die Bridgegeschichte zurück. So veröffentlichte Geoffrey Mott-Smith 1927 Gedanken zu einer 5er OF-Eröffnung in einem Buch. Bewertungsmethoden und andere “Kontruktionsmerkmale” führten im Lauf der Bridgegeschichte zu kompletten, in sich abgerundeten Bietsystemen wie Acol, Goren, American Standard, Kaplan-Sheinwold, Norman Squire, Better Minor, Blue Club, Precision und nicht zuletzt das vom DBV propagierte Forum D”. Diese Hauptvarianten werden von den einzelnen Spielern häufig modifiziert.

Bleibt Bridge trotz allem ein Glücksspiel? Bridgespieler wissen, daß dies nicht der Fall ist. Die Turnierform, in der ein Team von vier Spielern gegen andere Teams spielt, enthält keine Glücksspielmomente. Daß in einem Paar turnier der Zufall eine Rolle spielen kann, weil das Bewertungssystem Schwächen hat, ist keine Frage des Glücks. Der Einwand, daß von schwachen Turnierteilnehmern Geschenke erteilt werden, gilt auch für andere Sportarten.

Die Zukunft des Bridgespiels liegt in den Hilfen, die uns die moderne Apparatetechnik und die EDV, der Computer mit seiner außerordentlichen Schnelligkeit bietet. In meiner Version eines Bridgespiels im Jahre 2050 steht auf jedem Tisch ein schuhkartengroßer Kasten, aus dem - für alle gleich - die Karten ausgegeben werden, natürlich infrarot zentralgesteuert; die Ergebnisse werden in diesen Kasten eingegeben und stehen nach Spielende sofort zur Verfügung.